6. Mrz. 2018
Bonus: Lohn, Grati oder beides?
Fachbeitrag von lic. iur. Christoph Büchel, LL.M., Rechtsanwalt
Obwohl die rechtliche Einordung des Bonus als Lohnbestandteil oder als Gratifikation weitreichende Folgen hat, ist sie oft unklar. Hinzu kommt, dass reine Gratifikationen in der Praxis heute seltener vorkommen. Häufiger sind Boni, die neben Lohn- auch Gratifikationscharakter aufweisen können und deshalb besonders schwer einzuordnen sind. Aus der Vielfalt der Erscheinungsformen von Boni und der reichhaltigen Rechtsprechungspraxis sollen hier ein paar wichtige Aspekte herausgegriffen werden.
Qualifikation des Bonus hat weitreichende Konsequenzen
Ist ein Bonus oder ein Teil davon als Lohnbestandteil anzusehen, gelten die besonderen Lohnschutzbestimmungen. Das bedeutet, dass der Bonus(-teil) wie Lohn ausbezahlt werden muss, also z.B. auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter dem Jahr (pro rata) und womöglich sogar bei einer Freistellung, bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung, bei Strafzahlungen wegen missbräuchlicher oder ungerechtfertigter fristloser Kündigung usw.
Der Bonus stellt eine Gratifikation und somit keinen Lohnbestandteil dar, wenn es grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers liegt, ob und in welcher Höhe er die Vergütung ausrichtet.
Das Gesetz bezeichnet die Gratifikation als „neben dem Lohn“ ausgerichtete „Sondervergütung bei bestimmten Anlässen“, traditionell z.B. an Weihnachten oder zum Abschluss des Geschäftsjahres. Auf Sondervergütung hat der Arbeitnehmer nur Anspruch, „wenn es verabredet ist“.
Dieser Wortlaut lässt vieles offen. Im Streitfall hängt die Qualifikation, ob eine Gratifikation oder eine als Lohn zu betrachtende Leistung vorliegt, von der im Einzelfall getroffenen Vereinbarung und der gelebten Praxis ab.
Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, bedarf es einer klaren Regelung, die zum Vorteil beider Parteien im Arbeitsvertrag oder z.B. in einem Reglement schriftlich festgehalten wird. Die Gerichte schauen aber nicht nur auf die schriftliche Formulierung, sondern auch auf weitere Aspekte, wie Regelmässigkeit und Variabilität der Auszahlung, Verhältnis der Höhe des Bonus zum Fixlohn usw. Auch die gelebte Praxis wird mitberücksichtigt. Aufgrund einer lange andauernden Übung der Ausrichtung einer Vergütung kann der Gratifikationscharakter „verloren“ gehen, wenn Auszahlungspraxis und schriftliche Regelung voneinander abweichen. Wird die als Gratifikation bezeichnete Leistung regelmässig über einen längeren Zeitraum anstandslos und ohne Einschränkung ausbezahlt, kann der Arbeitnehmer mitunter auch auf die künftige Ausrichtung vertrauen und einen Leistungsanspruch wie beim Lohn erwerben. Das kann selbst dann passieren, wenn schriftlich etwas anderes festgehalten wurde.
In der Praxis heisst es häufig, „der Arbeitnehmer erhält als Gratifikation einen 13. Monatslohn“, was wohl ausnahmslos als Lohnabrede gilt, selbst wenn „der Dreizehnte“ im Arbeitsvertrag als Gratifikation bezeichnet wird. In solchen Fällen, in denen dem Arbeitgeber kein Ermessensspielraum zukommt, liegt folglich ein Lohnbestandteil vor. Umgekehrt gilt, dass ein Bonus eine echte Gratifikation darstellt, wenn es im Ermessen des Arbeitgebers liegt, ob und in welcher Höhe ein Bonus ausgerichtet wird und dies in der Praxis auch so gehandhabt wird (also keine automatische jährliche Ausrichtung eines bestimmten Betrags).
In der Gerichtspraxis spielt auch die Höhe des Bonus im Vergleich zur Gesamtentschädigung eine wichtige Rolle. Je höher der Bonus im Vergleich zum (relativ tiefen) Fixlohn, desto eher gilt er als Lohnbestandteil und nicht als Gratifikation.
Allerdings, bei „Bestverdienern“ trifft dies nicht zu. Wenn also der Fixlohn bereits ein Mass erreicht, das die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet und seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, kann der Grössenvergleich zwischen Fixlohn und Bonus dafür sprechen, dass der Bonus nicht als Lohnbestandteil, sondern als Sondervergütung im Sinne einer Gratifikation zu betrachten ist. Beispielsweise stufte das Schweizer Bundesgericht einen Aktienbonus angesichts des bereits erhaltenen Fixlohns als Gratifikation ein. Das Bundesgericht orientierte sich dabei am Medianlohn des entsprechenden Sektors (CHF 70‘800). Es folgerte, dass ein sehr hohes Einkommen dann vorliegt, wenn der Medianlohn um das Fünffache oder mehr überschritten wird. Im Beispielfall, wo der Medianlohn um rund das Zehnfache übertroffen wurde, befand das Bundesgericht, dass eine Gratifikation vorlag.
In einem Fall vor dem Obersten Gerichtshof hätte eine hohe, als Bonus bezeichnete Vergütung aufgrund seiner Höhe im Vergleich mit dem Fixlohn als Lohn betrachtet werden müssen. Das Gericht anerkannte aber angesichts der klaren Formulierung des Bonusreglements zugunsten des Arbeitgebers, dass eine echte Sondervergütung, also eine Gratifikation, und damit kein verbindlicher Anspruch auf eine Leistung der Vergütung vorlag.
Klare Regeln und Gestaltungsspielraum
Undeutliche Bonusregeln werden im Streitfall durch das Gericht ausgelegt – mit oft unvorhersehbarem Ergebnis. Zu begrüssen ist, dass eine unmissverständliche vertragliche oder reglementarische Formulierung und damit die Vertragsfreiheit geschützt wird. Das zeigt einerseits die Wichtigkeit einer sorgfältigen Ausarbeitung von Bonusregeln, andererseits den grossen Gestaltungsspielraum. Um alle Beteiligten vor unliebsamen Überraschungen zu bewahren und die Gestaltungsmöglichkeiten optimal zu nutzen, ist eine klare und eindeutige Formulierung der Bonusdefinition unerlässlich.

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